Ukraine-Krieg dominiert weiterhin das Geschehen und gilt als disruptives Ereignis: Je näher ein Börsenplatz am Kriegsgeschehen war, desto größer waren die Verluste: Während S&P 500 und NASDAQ 100 in der vergangenen Woche nicht zuletzt aufgrund solider Wirtschaftsdaten in den USA nur 1,2 bzw. 2,4% verloren, büßten der FTSE 100 bereits 7,6% und der DAX sogar 10,1% ein. Noch näher am Geschehen ist Österreich mit der Folge eines Wochenverlustes von 13,6% im ATX. Hingegen weit weg vom Schuss ist Australien, reich an Gold und Rohstoffen, was im S&P/ASX sogar ein Wochenplus von 1,6% bedeutete. Hingegen der russische Aktienmarkt blieb geschlossen und eine längere Handelssperre russischer Aktien im Westen erscheint plausibel, weshalb im Worst Case russische Aktieninvestments ein Totalverlust oder auf Jahrzehnte totes Kapital bedeuten. Umso wichtiger ist internationale Streuung und Vermeidung von Klumpenrisiken in einzelnen Schwellenländern, auch wenn die Aussichten noch so verlockend erscheinen. Genau darauf achtet die PRIVATCONSULT besonders in ihrer Vermögensverwaltung und auch in den einzelnen Fonds. Was die Aktienmärkte dermaßen unter Druck setzt sind folgende Faktoren: Zum einen zieht sich der Krieg durch massiven Widerstand der Ukrainer und EU-Unterstützung der Ukraine in die Länge. Zum anderen weiten sich die Sanktionen gegen Russland immer mehr aus. Die Folge: Das Russlandgeschäft des Westens kommt vollständig zum Erliegen, worauf der prominente Exodus aus Russland mit Firmen wie Nike, Apple, Daimler, Volvo, BMW, Siemens etc. bereits hindeutet. Immer mehr russische Banken werden aus dem internationalen Zahlungsverkehr SWIFT ausgeschlossen. Visa und Mastercard ziehen sich aus Russland zurück. Russisches Vermögen im Ausland ist eingefroren. Oligarchen werden enteignet. Die Russische Zentralbank kann wegen im Ausland eingefrorener Devisenreserven nicht mehr intervenieren und der Rubel wertet massiv ab. Russland ist erneut auf dem Weg zur Hyperinflation. Somit ist faktisch ein über mehr als zwei Jahrzehnte gewachsener Absatzmarkt binnen weniger Tage vernichtet. Auf der Importseite des Westens stehen vielen wichtige Industrierohstoffe und die Weizenernte von Russland und der Ukraine auf dem Spiel.
Wie reagiert die Fed auf den Krieg?
In so einer Situation kann auch Fed-Chef, Jerome Powell, nicht mit einem platten Inflationsbekämpfungsprogramm zur Tagesordnung übergehen. Entsprechend warnte er vor negativen Wirtschaftsüberraschungen und sprach sich für eine flexible Vorgangsweise der Notenbank aus. Aber ein Viertelprozentpunkt Leitzinsanhebung scheint ausgemachte Sache zu sein. Die Inflation bleibt ein Problem aber der Ölschock ist ein anderes, denn Powell wies auf folgende Faustregel hin: Sollte der Ölpreisanstieg von 75 auf 110 Dollar/Barrel nachhaltig sein, dann bedeutet dies nahezu 0,9 Prozentpunkte zusätzliche Inflation und fast 0,5 Prozentpunkte weniger Wirtschaftswachstum. Ein Thema bleibt die Lohninflation und die Lohn/Preisspirale in den USA, zumal im Februar 678.000 neue Stellen geschaffen wurden (Prognose: +400.000). Die Arbeitslosenquote der über 16-jährigen ging von 4,0 auf 3,8% zurück, die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich auf niedrigem Niveau kaum verändert und die Stundenlöhne in der Privatwirtschaft stiegen im Februar um 5,1%. Bereits stärker als erwartet fiel der Chicago-PMI, während im Februar der Services PMI® des ISM mit 56,5 Punkten (-3,4 Punkte) noch relativ gut hielt, zumal die Export-Komponente Stärke zeigte. Einen leichten Zuwachs zeigte das ISM bei Manufacturing PMI®. In so einem Umfeld wird es noch eine Zinserhöhung im März geben. Danach werden die (geldpolitischen) Karten neu gemischt.
Wie stark ist die restliche Weltwirtschaft von Russland abhängig?
Russlands Anteil am Welt-BIP liegt bei 3,1%. Laut Michigan State University importierte Russland im Jahr 2019 (vor Corona) Waren im Wert von 247 Mrd. USD, hauptsächlich technische Produkte. Die größten Warengruppen waren hier industrielle Maschinen (43 Mrd. USD), Elektrische Geräte/Maschinen (30 Mrd. USD), und Fahrzeuge bzw. Ersatzteile (24 Mrd. USD). Wesentlich bedeutender als die Importe Russlands sind dessen Exportwaren im Volumen von 427 Mrd. USD (2019). Hier handelt es sich um sehr wichtige Grundstoffe, von Weizen, Erdgas, Düngemittel bis hin zu den Metallen. Weltweit rund ein Fünftel des Metallbedarfs wird von Russland gedeckt.
Folgende Exporte Russlands und der Ukraine sind besonders kritisch:
· 30 % der weltweiten Weizen-Exporte kommen aus Russland und der Ukraine, wo gerade infolge kriegerischer Handlungen die Frühjahresaussaat auf dem Spiel steht. Heuer ist die Abhängigkeit besonders groß, denn: Laut International Grain Council (IGC) werden die Reserven der wichtigen Weizen-Exporteure EU, Russland, USA, Kanada, Ukraine, Argentinien, Australien und Kasachstan in der aktuellen Erntesaison 2021/22 auf ein Neun-Jahres-Tief von 57 Mio. Tonnen fallen. Rechnet man russische und ukrainische Lagerbestände heraus, liegt die Reichweite bei weniger als drei Wochen.
· Russlands Förderanteil an Palladium liegt bei 43%. Es wird für Auto- und Industriekatalysatoren benötigt. Insbesondere Autos mit Benzinmotoren benötigen Palladium. Der weltgrößte Palladium- und raffinierte Nickelproduzent der Welt ist Norilsk Nickel. Als Batteriemetall in E-Autos und wichtiges Legierungsmetall könnte auch Nickel knapp werden.
· Ukraine hat im Bereich der Kabelbäume zahlreiche Autozulieferer. Diese können kriegsbedingt nicht mehr liefern, weshalb bei einer Reihe europäischer Autohersteller die Bänder stillstehen.
· Russland ist weltweit einer der wichtigsten Düngemittellieferanten. Russland und Weißrussland liefern ca. 40% der weltweiten Kali-Exporte, zu deren Hauptabnehmer China, Brasilien und Indien gehören. Düngemittel werden knapp und zunehmend teurer.
· Die EU bezieht 40% der Erdgasimporte aus Russland. Diese Abhängigkeit kann – solange es noch kalt ist – zum Druckmittel Russlands werden.