Zinsanhebungswettlauf mit drohender Rezession: Im Mai steht im Euroraum eine Inflationsrate von 8,1% einer von 8,6% in den USA gegenüber, während der US-Arbeitsmarkt mit 3,6% bereits sehr ausgetrocknet erscheint. Die Kapazitätsauslastung in der Produktion stieg in den USA im April um 0,6 Prozentpunkte auf 79,2% und somit auf den höchsten Stand seit April 2007. Auch lange Lieferzeiten in der Industrie bleiben ein Thema. Somit hat die Fed erstmals seit Mitte November 1994 vergangenen Mittwoch eine Anhebung der Fed Fund Rate um weitere 0,75 Prozentpunkte (!) auf 1,50 bis 1,75% beschlossen, was jedoch Fed-Chairman, Jerome Powell als „ungewöhnlich und unüblich“ kommentierte. Mittlerweile sind die Leitzinsen bereits von 0,00 bis 0,25 auf 1,50 bis 1,75% gestiegen und es gibt einen Indikator, der für ein wesentlich höheres Zinsniveau sprechen würde. Es ist die alte Orientierungshilfe bei der Bestimmung der Höhe der Leitzinsen, nämlich die Taylor-Regel, benannt nach dem US-Ökonomen, John B. Taylor, die besagt, dass der Leitzins umso größer sein sollte, je mehr die Inflationsrate den Zielinflationswert (USA 2%) übersteigt und je stärker das Produktionspotenzial ausgelastet ist. In den USA wäre demnach ein Leitzinsniveau von 9,8% gerechtfertigt – so kürzlich veröffentlichte Ableitungen der Taylor-Regel durch Volkswirte der Credit Suisse. Was allerdings dagegen spricht, ist neben der hohen Staatsverschuldung noch der rasche Wirtschaftsabschwung. Fakt ist, dass Steve Hanke, Professor für angewandte Wirtschaftswissenschaften der Johns Hopkins University eine Rezession mit 65-prozentiger Wahrscheinlichkeit für realistisch hält. Begründung: Die Fed wird die Inflationsbekämpfung übertreiben und dann geht die Geldmenge ziemlich stark zurück. Wenn das passiert, werde es eine Stagflation geben – ein Szenario das Experten weitgehend erwarten. Nicht aus den Augen verloren werden sollte der Krieg in der Ukraine, zumal Russland schon mehrere Tage hintereinander die Erdgaslieferungen nach Europa drosselte. Die offizielle Begründung des technischen Defekts wird angesichts des gerade stattfindenden G7-Gipfels (merkwürdiger zeitlicher Zufall) von diversen Kommentatoren kritisch hinterfragt.
Verlangsamtes Wachstum im Einzelhandel: Hohe Inflationsraten und hohe Treibstoffpreise führten im Mai auf Monatsbasis bei Motorfahrzeugen und Ersatzteilen zu einem Rückgang um 3,5%. Rechnet man diese Komponente heraus lag der Zuwachs noch bei 0,5%. Auf Jahresbasis lag der Zuwachs der Einzelhandels- und Food Services Umsätze noch bei 10,6%. Allerdings sparen Konsumenten bei Elektronikartikeln, im Sport/Freizeit-Bereich und bei Möbel- und Einrichtungsgegenständen, während die um 38,7% höheren Ausgaben an der Tankstelle ein „notwendiges Übel“ sind.